Sarah Lehnerer
she turned her head, craning to watch the slit in the door
28.02. — 24.04.2020
Eröffnung: 28. 02. 2020, 19 h
Finissage: 24. 04. 2020, 19 h

kuratiert von Michael Wonnerth-Magnusson

A: ...Wohnungen! Aber im Moment handelt das gar nicht so von wohnen, sondern eher von...?
B: Ich dachte, wenn man so einen Raum braucht oder so was baut, also aus dem Vorhandenen... Na, da hab ich eine Tür gemalt und einen Teppich, der eigentlich ein Bild war, das andere wurde zu einer Wand, also eigentlich habe ich wie so alle Elemente verkehrt, und dann habe ich so Hocker gebraucht zum Zusammensitzen, eigentlich ist es ja, als würde man einen Raum einmal so kurz umdrehen. Alles fällt durcheinander, man baut das dann aus den Elementen wieder neu auf oder so. Aber nur auf 3 x 2 Meter, und alles ist aus Papier. Also es ist alles Papier. Die Idee ist halt so ein bisschen gewesen, also, ich hatte schon für mich so gedacht, dass man in dem großen Rahmen die Tür zumacht. Also die Eingangstür, dass du dann nicht von dort rein kommst, sondern eben, wie meistens, von der Bar.
A: Und genau, ich sehe, dass die Treppe auch weg ist, also die Hintertreppe oder die Hintertür, wie man es nimmt. Und dass eigentlich „Sarah” mehr wie so ein Bild auf g-friend da drin ist und zwar paarweise, in das Bett gehängt.
B: Ja vielleicht. Und dann wollte ich mir eben eine Tür jetzt noch aus der Schweiz schicken lassen (lacht). Aber die kam dann eh nicht an. Aber in der letzten Zeit, wo ich dauernd das Gefühl habe, dass das Surreale irgendwie vielleicht eher VR ist... Und jetzt ist es ein Ding, das wieder vorkommt. Also ganz viel Internet +√Ñsthetik = komische amorphe Geschichten, oder auch: „alles ist bestens.” Da hab ich gedacht, dass mich das nur interessiert, weil ich glaube, dass der Surrealismus viel konkreter ist, dass der vielmehr einen... in der ganz komischen Frau, also: komisch, komisch am Hafen, Körperbegriff... So aufgeregt ist der. Und der ist irgendwie antizipiert für mich.
A: Ich kann mich erinnern, vor 6 Jahren hab ich mal mit dem B. H. geredet, und der hatte in einer Arbeit so ein Element, das für mich was Surreales hatte, und er hat so richtig die Nase gerümpft, so: „Nee, das wollte ich überhaupt nicht”. Ahm, und jetzt ist das sowas, was wieder hervorkommt, aus allen Ritzen, irgendwie... Also ja! Erstens mal wie das aussieht: weil, weil du hast diese Gipsplatte und da drauf ist das Ding irgendwie, wie war das noch mal? „Sportergebnisse, kosmische Verschiebung, das Training der Weltsicht, und was das alles in dieses Bild rein bringt. So ein Bild von der in Madrid gefundenen Platte am 24.12.?” Und dann aber auch die Materie von den Dingen, die die Wahrnehmung verändert. So: „Vergiss das Bild, aber dann kommt es doch irgendwie zurück.”
B: Du meinst, gewisse Spuren von dem Prozess bleiben sichtbar, die dich dann aber ein bisschen in die Irre führen – aber nicht ganz in die Irre –, die mir doch wieder so ein Türchen Wahrheit vorgaukeln, so ineinander verschachtelt. Das Ding selber ist dabei immer auch eine künstliche Pflanze, also auch ein Bild von Natur, aber irgendwie auf so verschiedenen... Und genau jetzt, wie sich dies eigentlich auf verschiedenen Ebenen versprachlicht... Das, glaube ich, ist immer schon so drin in allem und jeder, aber jetzt wird das irgendwie gröber gerade. Also ich habe das Gefühl, die Bausteine werden gröber.
A: Eigentlich ist genau das meine Faszination, das anzugucken, dass es sich verändert. Also das ist eigentlich faszinierend, dabei zuzuschauen, oder? Weil sich der Wahnsinn eigentlich zeigt in dieser Saison dazwischen, weißt du, wenn Kinder anfangen zu malen und die Häuser einfach nicht so aussehen wollen wie das Hierdraussen. Also alle Versuche, das Haus zu „einem Haus” zu machen, die sich sozusagen aus all diesen Erfahrungen und alten Informationen speisen und auf
die der Nächsten beziehen, scheitern. Zum Beispiel: Solar. Eigentlich ist die Idee so eine Welt zu bauen dann ja auch eine Beschäftigung mit Digitalität.
B: Daran glaube ich auch. B: Ich hab mir auch diese Situation nochmal angeschaut, auch bei deiner Schwester – wie heißt deine Schwester überhaupt?
A: Gwendolin.
B: Na ja, wie soll ich sagen, was ich meine, ist, dass sich die daily needs, die man hat, dass die sich auch in so einer Faustformel in Formen und Farben übertragen lassen. Was natürlich nicht das Gleiche ist wie auf dem Tisch deiner Schwester etwas zu essen zu machen. Warte mal, ich komme später wieder. A: Willst du dann Kaffee? Oder Wasser oder Limo oder was anderes? ...
B: So, jetzt. Was ich meine: Es sind ja auch Kurzgeschichten aller Dateien, ich finde die Zufahrt über diese Sache ganz gut, ja. Das ist ja doch nie was anderes als „meine Geschichten”. Was ich mache ist ja immer privater Raum, also ich komme gar nicht über den Punkt hinaus. Außer ich sage, ich habe einen Auftrag! Also: was zu vermitteln. Aber den habe ich nun eigentlich nicht direkt. Sondern, wenn ich soll, dann eben diesen: am Ende betrittst du immer meinen privaten Raum und im besten Fall kann ich dich dazu einladen und dir noch einen Stuhl hinstellen und vielleicht eine Cola anbieten und sagen „Verweile... wenn du Lust hast”, oder so (lacht). Vielleicht ist meine Idee im Moment eher, dass man sich auch mal so kurz ausruhen kann an der Stelle, aber jetzt auch nicht so richtig. Weil, was heißt das schon, mit diesen Wänden oder dieser Kamera. Die Unterteilungen sind ja auch so ein Moment, wo du dich nicht mal wirklich dahinter verstecken kannst. Auch weil die Nutzung von Real in die Trennung von verschiedenen Kategorien von „Space Tier” abhaut, weil alle malerisch sind oder alle gemalt sind und auf die Betten gemalt sind. Weißt du, eher wie so’n Klappbuch, wo du dann so verschiedene Sachen ausklappst, und am Ende, wenn du das ganze Ding zweidimensional auffaltest, ist es ein großes Bild, und dann siehst du, verdammt, da bin ich ja auch drauf. Und du. In meiner Küche. Und dann kannst du’s wieder neu verschachteln, und dann werden es wie so einzelne Räume oder sowas. Ja, und ich glaub, da hängen wir grad so rum... (lacht).
A: Ja, und es hat ja trotzdem diese Konnotation von Intimsphäre oder?
B: Aber genau, es ist trotzdem wie ein Handy. Ich glaube zu wissen, was da dran persönlich bleibt und biographisch und auch geografisch.
A: Ein Handy? Vielleicht am ehesten wie so ein Muster. Also ein Muster kann ja alles Mögliche sein. Das kann ja eine Wiederholung sein von Sätzen, von Sachen, die man macht, oder von Farben. Muster gibt’s ja in zwei verschiedene Bedeutungen. Muster ist ja einmal das Muster von der Tapete, und andererseits so ein Modell... Ich weiß auch nicht, ob sich dieses als ob gerade versprachlichen lässt 100%.
B: Gerade denke ich: gelbliches Pack, etwas bisschen fies. Also, es ist ein Paket, aber es ist auch nicht so wirklich verschiebbar. Es trinken beide.
A: Ich mein, wir können jetzt noch siebzehn Felder aufmachen, natürlich hat das auch was damit zu tun, mit, was weiß ich... der Frage, wie überhaupt alle leben wollen, aber dazu müssen es ja auch erst einmal alle leben wollen können, und sicher wäre es gut würde ich erstmal phänomenologische Soziologie- und Querfeld-Recherchen machen... also ich meine, da kann muss ich gleich in so viele Richtungen denken. Aber eigentlich, was mich immer so interessiert, ist, dass das..., ich fühle mich selbst meistens wie so ein komischer sozialer Schwamm, der so mäandert und so viele verschiedene Rollen aufnimmt, annimmt und so, also gestern zum Beispiel, nein... Und dann gibt es so wie ein Kondensat, was sich rauspresst. Also, was schon hilft, ist diese Reflexionsebene auch mal wegzulassen, zumindest in der Vermittlung, und eher wie so ein *schlürf, was kommt denn für ein Ding raus. Ich mein, das ist am Ende vielleicht einfach nur desire.
B: Das ist der Begriff, der mir als Erstes eingefallen ist, dass da so ein Begehren drin ist...
A: Begehren, voll.
B: Also DESIRE und Begehren – und ist das das Gleiche? Egal, ok, das ist, glaube ich, schon ganz gut.
A: Deswegen vielleicht auch dieser Satz „She turned her head, craning to watch the slit in the door“.
B: Hmm, craning, hab ich noch nie gehört, ist das wie...
A: so vorstrecken, recken, aufrichten...
B: Wie ein Reiher, so wie so ein Vogel? Weiß nicht, Kranich, oder?
A: Mm-hmm. Der Satz ist aus einem Science-Fiction-Roman, einem Buch von Marge Piercy. Das heißt Woman on the Edge of Time.
B: Wie heißt das nochmal, craning...?
A: ...to watch the slit in the door.
B: Slit.
A: Spalt. Also sie dreht ihren Kopf, reckt sich auf, um den Spalt in der Tür zu sehen. Also er hat so verschiedene Konnotationen, der Satz.
B: Ja genau, ich dachte gleich, der Satz ist auch ein gutes Bild. Auch wegen der Tür, und weil ich mir jetzt vorstelle, wie sie schaut. Vielleicht vom Bett aus. Auch wenn es vermutlich in dem Buch um sehr konkrete Dinge geht, die ja jetzt nur bedingt oder auch keine oder auch doch eine Rolle spielen.
A: Keine oder auch doch, ja. Die Frau um die es im Buch geht, Consuelo, Conny (sie heisst wirklich so), sie ist eine der wenigen, die so empfänglich ist, dass sie sozusagen auch die Welt verändern könnte, also durch dieses Durchlässigsein, das als solches vielleicht etwas Spezifisches transkribieren kann. Conny ist eigentlich aus der Zukunft. Ich mag auch dieses Bild, also von der Bewegung, mit dem kranichartigen Vorrecken. Bilder zu machen ist vielleicht immer ein bisschen profan, also es ist eine Nebentätigkeit, um die es hier geht, und als solches auch extrem schön. Also es ist ja doch nicht mehr als das, was es ist, und das finde ich, glaube ich, gerade daran auch so angenehm. B: Was ist dann hinter der Tür? Ich stell mir gerade vor, dass man halt in den Wartesaal kommt, oder aber dir gerade dann die wichtigen Dinge passieren, danach. Aber das kann ja auch irgendwie so ein Spaziergang zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.
A: Es ist halt immer ein Gamble, auch.
B: Es ist ein totales Gamble, ja. (1:21:24)

Text: Sarah Lehnerer und Michael Wonnerth-Magnusson

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